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Architektur der Gebäude
„Ich glaube, dass jede Architektur, die sich an den Geist wendet, noch immer das Werk eines einzelnen ist.“
Le Corbusier, schweizerischer Architekt, Maler und Bildhauer (1887 – 1965)
„Béton brut“ oder auch „roher Beton“ ist wohl der richtige Ausdruck für den Stil, der vielen als erstes auffällt, sobald sie das Copernicus Gymnasium sehen. Brutalismus- wie dieser Stil auch genannt wird, hatte seine Blütezeit zwischen den Jahren 1953 und 1967 und ist ein Teil der modernen Architektur. Kein anderer Baustil ist so umstritten wie der Brutalismus. Die Merkmale sind die unkaschierten Betonmaterialien, die an Skulpturen erinnern, geometrische Körper, sowie Glas und Stahl. Auch das Copernicus Gymnasium weist also Merkmale von diesem Stil auf. Doch nicht nur der Stil, sondern auch die Ausstattung und Neuheiten sind prägend für dieses Gymnasium. Es wurden außergewöhnliche Konstruktionen erstellt, die es in ganz Deutschland zur damaligen Zeit nicht gab.
Der erste Preis
Entstehung der Gebäude
Antragstellung
Bereits in den fünfziger Jahren entwickelte sich die Idee in Philippsburg ein Progymnasium zu gründen. Verschiedene Gründe in der Situation und Weiterentwicklung Philippsburgs führten hierzu bei. Zum einen sollten Kinder der Bundeswehrfamilien, von denen sich zu dieser Zeit viele in Philippsburg befanden, eine höhere schulische Betreuung erfahren, zum anderen war die Planung der im Jahre 1966 errichteten Niederlassung des Deutsche Goodyear GmbH und die eines Kernkraftwerks um 1970 ein weiterer Grund für die Angehörigen der Beschäftigten, sich in der Umgebung von Philippsburg aufzuhalten, was wiederum den Einzugsgebiet erweiterte und damit auch den Bau eines Gymnasiums in Philippsburg rechtfertigte.
Trotz diesen Voraussetzungen wurde der Antrag der Stadt Philippsburg vorerst abgelehnt. Erst 1964 äußerte der Landrat den Wunsch zur Errichtung eines Gymnasiums im nordwestlichen Bruhrain.
Nachdem mehrere Kommunalvertreter angesprochen worden waren, meldete sich der damalige Bürgermeister von Philippsburg, Karl Frank, und erklärte sich bereit, die Schulträgerlasten für den Bau eines Gymnasiums zu übernehmen. In den nächsten acht Monaten sollte der Plan schon festgelegt sein, denn das Progymnasium hatte am 3.5.1965 mit 66 Schülern schon mit dem Unterricht begonnen. Zunächst geführt als die Außenstelle des Justus-Knecht- Gymnasiums entwickelte sich das Gymnasium in Mitten der Stadt zu einem Erfolg. Das Wachstum an Schülern war enorm, was die Planungs- und Vorbereitungsaufgaben für ein neues Gebäude antrieb.
Veranlassung zum Bau eines Gymnasiums
Nachdem die ersten Planvorstellungen festgelegt worden waren, wurde am 22.7.65 ein öffentlicher Architektenwettbewerb ausgeschrieben, welcher eine große Teilnahme zeigte. Ganze 21 Entwürfe von Architekten wurden abgegeben, die „für ein Neubau eines Gymnasiums mit einer Maximalzahl von 800 Schülern“ dienen sollten. Die Entwürfe der Architekten wurden durch mehrere Fach- und Sachpreisrichter bewertet. Als Fachpreisrichter waren die Diplom-Ingenieuren Bodo Gsedl, Peter Gierich, Klaus Möckel und Eberhard Weinbrenner anwesend, als Sachpreisrichter wiederum Professor Kohlmann, der Oberregierungsschulrat war, Herr Burger, der Oberstudiendirektor im Justus-Knecht-Gymnasium war, Karl Frank, der Bürgermeister von Philippsburg war und Herr Stehmer, der den Gemeinderat in Philippsburg vertrat. Die Sitzung begann laut Protokollführung am 25.11.65 um 9 Uhr in der Festhalle und zog sich bis 23 Uhr. In dieser Zeit wurden die Entwürfe ausführlich besprochen und ausgewertet. Es wurden vier Entwürfe mit Preisen ausgezeichnet und sechs Entwürfe wurden angekauft.
Wettbewerb
Entwürfe und Ankauf
Die Anordnung der Gebäude in die städtebauliche Gliederung wurde gut erfasst. Es wurden zwei Baukörper geplant; das eingeschossige für die Verwaltung, das zweigeschossige als Hauptbau. Jedoch war in diesem Entwurf die Ausarbeitung der Grundrisse von Nachteil. Außerdem waren Verstöße gegen die Ausschreibung des Wettbewerbs festgestellt worden. Richtlinien von Raumgrößen und das vorgegebene Raumprogramm wurden nicht erfüllt und standen problematisch zu den Funktionen, die laut Ausschreibung erfüllt werden sollten.
4. Preis Durch die Anordnung eines dreigeschossigen Entwurfs in der Mitte des Grundstücks wurde hier genügend Abstand zu den Nachbarbebauungen gehalten und Freiräume für Schüler geschaffen. In diesem Entwurf waren Grundrisse und Funktionen der jeweiligen Räume zueinander gut geschaffen. Sehr große Mängel ergaben sich jedoch bei der Verbindung der Bauten zueinander. Auch in konstruktiver und wirtschaftlicher Sicht ist der Entwurf nicht genügend ausgearbeitet worden.
3.Preis Die städtebauliche Anordnung von diesem Entwurf war besonders befürwortet, da der Abstand zu den jeweiligen Bebauungen in jede Richtung gegeben war und dennoch einen ausreichenden Freibereich für Schüler geschaffen wurde. Die Anordnung der Räume, sowohl Klassenräume als auch Sonderräume, waren günstig festgelegt worden. Trotzdem gab es Mängel bei Richtlinien der Größen in unterschiedlichen Räumen wie z.B. WC-Anlagen. Die Aufteilung der Verwaltungsräume in zwei unterschiedliche Geschosse war ein sehr großer Nachteil.
2.Preis Die Anpassung in die Umgebung und die damit erschaffenen Freiflächen für die Schüler, gaben diesem Entwurf eine spezielle Gliederung des Baukörpers. In dem dreigeschossigen Entwurf waren zahlreiche Mängel bei der Anordnung der Räume zu erkennen. Dennoch war ein guter Entwurf aus den übrigen Überlegungen und Ausarbeitungen zu erkennen. Zumal das Gebäude auch kompakt war und eine wirtschaftliche Unterhaltung zuließ.
1. Preis Die Anordnung und die Strukturierung des Entwurfs überzeugte sowohl in der Gliederung in die städtebauliche Situation, sei es in Abstandsflächen zur Nachbarbebauung oder in Freiflächen für Schüler als auch in den Möglichkeiten weiterer An – und Zubauten in der Zukunft. Der Grundriss und die damit entstandenen Verkehrsflächen ergaben nützliche Lösungen für Kommunikation und Aufenthaltsbereiche. Die Anordnung der Klassenräume und Sonderräume waren wie erwünscht und ermöglichten eine zweiseitige Belichtung und Belüftung. Die zwei voneinander getrennten Baukörper begünstigten den Bau fortzusetzen, ohne lange Bauzeiten abwarten zu müssen. Dennoch fügten sie sich in ein einheitliches Ganzes zusammen. Die Konstruktion war besonders ausgearbeitet und lag in einem angemessenen wirtschaftlichen Rahmen. Die Architektur und die äußere Gestaltung spiegelte die moderne Zeit wieder und gab dem Gebäude eine attraktive Note.
Architektur der Schule
Raumprogramm
(Grundriss EG ohne Maßstab)
Beim Betreten des ersten Bauabschnitts fällt dem Betrachter sofort der helle Eingangsbereich auf, der durch die Glasfassade erzeugt wird. Dieser Bauabschnitt ist schlicht unterteilt in Sonderräume (dunkelorange) und Aufenthaltsräume (hellorange). Außerdem bietet das Forum einen weiteren Ort für Kommunikation und Aufenthalt. Der zweite Bauabschnitt bietet Raum für Klassen (orange) und Sonderräume, wie Handarbeit oder Zeichenraum. Das Auffällige in diesem Bau ist jedoch die exklusive Halle (Lichthof). Diese bietet nämlich neben dem Forum Platz für Veranstaltungen.
(Forum im 1.Bauabschnitt/EG)
Das erste Obergeschoss im ersten Bauabschnitt besteht nur aus Sonderräumen. Die Aufenthaltsräume für Lehrer befinden sich ebenfalls in diesem Geschoss. Im Obergeschoss des zweiten Bauabschnitts befinden sich hauptsächlich nur Klassenräume. Als zusätzlichen Raum gibt es die Arbeitsbücherei für Schüler.
(Grundriss 1.OG ohne Maßstab)
Der Luftraum der Halle bewirkt, dass nicht nur das OG, sondern auch das EG genug belichtet ist und dass das OG mit dem EG in Verbindung steht, das heißt nicht klar abgetrennt ist. Das zweite Obergeschoss des ersten Bauabschnitts besteht nur aus Klassenräumen. Der zweite Bauabschnitt ist nur zweigeschossig. In der Dachaufsicht kann man die Anordnung der Lichtkuppeln erkennen.
Vergleich
Die Architekten des Copernicus Gymnasiums, damals nur Gymnasium Philippsburg genannt, wurden bei einem Seminar von einem Architekten inspiriert, der ihnen vor Augen legte, dass das Schulsystem sich wandle und die Schulgebäude variabler gestaltet werden müssten. Ausgehend von dieser Auffassung wagten auch die Architekten Schmitt & Kasimir eine Abweichung vom klassischen Schulbau. Es wurden keine konstruktiv tragenden Wände verwendet. Demontable Wände, die zu dieser Zeit nur im Industrie- und Verwaltungsbau genutzt wurden, erschienen als sehr vorteilhaft.
Beispielsweise könnte man die Wände jederzeit in verhältnismäßig kurzer Zeit versetzen und die Räume je nach Gebrauch gestalten. Durch einen Versuch an der Universität Karlsruhe wurde ebenfalls bestätigt, dass demontable Wände den Normen zwar nicht entsprechen, doch unter bestimmten Bedingungen, wie die dichter auszuführenden Anschlussfugen zwischen den Wänden, akzeptabel sind. Diese Neuheit setzte auch eine Skelettbauweise voraus. Da die demontablen Wände ein geringeres Gewicht hatten, begünstigten sie auch die Konstruktion der Decken. Die oberste Decke ist ein Warmdachaufbau mit Kiesschicht, was zur Temperaturregelung dienen soll. Eine Kiesschicht dient dem Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung, Windsog und mechanischer Beschädigung. Hohe Fensterelemente, die zum Schutz gegen Sonneneinstrahlung mit Auresin, einem goldbedampftem zweischeibigen Isolierglas beschichtet waren, sorgten für eine natürliche Belichtung und auch durch Lichtkuppeln in Klassenräumen wurde für ausreichendes Licht gesorgt.
(Treppenbereich mit Lichtkuppeln)
Ebenfalls wie die Decken sollten auch die Gliederheizkörper mit selbstregelndem Ventil für eine konstante Raumtemperatur sorgen und sich je nach Schüleranzahl, Besonnung, Beschattung einstellen. Für eine gute Akustik sollten ein spezieller Teppichboden und eine feingelochte Blechdecke mit darüberliegenden Schallschluckplatten sorgen. Bei Betrachtung dieser Konstruktion lässt sich sagen, dass die am Gymnasium vorhandenen Neuheiten in anderen Gymnasien nicht gegeben waren und die Architektur des Copernicus Gymnasiums für diese Zeit fast schon revolutionär war.
Münteha Sektioglu (Abitur 2012)
Wir bedanken uns für die Zusammenarbeit und die Verfügbarmachung der Originalfotografien beim Büro Schmitt&Kasimir. Ein Büro, das nach dem Copernicus unter anderem auch das Informatik-Gebäude am heutigen KIT baute, wie auch die Europahalle und das Fächerbad in Karlsruhe.
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