Exkursion nach „Wiesloch“

Wer in Nordbaden den Ortsnamen „Wiesloch“ hört, denkt nicht selten an das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN), oder volkstümlich ausgedrückt eher an die Begriffe „Klapsmühle“ oder „Irrenanstalt“. Tatsächlich geht das heutige PZN auf die „Großherzoglich Badische Heil- und Pflegeanstalt bei Wiesloch“ aus dem Jahre 1905 zurück. Und das ist zu spüren. Die in jener Periode errichteten Krankenhäuser und Wirtschaftsbauten wechseln sich ab. Der damals gepflegte neobarocke Historismus mit seinen geschwungenen Gauben und Festigkeit vermittelnden Eckquadern ist zu finden, wie der Landhausstil und die Neorenaissance.

Von Steche / PZN Wiesloch - PZN, CC BY-SA 3.0, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5056757

Von Steche / PZN Wiesloch – PZN, CC BY-SA 3.0, https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5056757

Dass wir über das Gebiet der großzügig angelegten Anlage spazieren konnten, verdankten wir Frau Birgit Decker, die am PZN seit über acht Jahren als Seelsorgerin arbeitet. Frau Decker, die mehrere Schüler des Psychologiekurses II aus ihrer eigenen Zeit als Grundschullehrerin in Philippsburg wiedererkannte, nahm allen zu Beginn jegliche Scheu. Man müsse keine Angst haben, die „geschlossene Abteilung“ sei „hinter den Mauern“ und weit weg. Man sei sicher. Zu großer Verblüffung führte sie uns dann über das offene Gelände und man merkte recht schnell, dass es sich hier eben nicht um eine „Klapsmühle“ handelte, sondern um einen Ort, der ähnlich einem Campus angelegt ist, und an dem im Jahre 2018 die verschiedensten Arten psychischer Erkrankungen behandelt werden können. Von Drogen, Alkohol, Spielsucht, Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie…

Gleichwohl befänden sich unter den über 1100  Patientinnen und Patienten auch solche, die aufgrund einer psychischen Erkrankung straffällig wurden und in einem gesonderten Bereich untergebracht seien, sich aber gleichwohl in einer Therapie befänden.
Der Großteil der Patienten befinde sich im offen zugänglichen Bereich, besuche mit anderen Gesprächstherapie, Arbeitstherapie, Sporttherapie – um nicht möglichst bald, sondern nach dem jeweils angemessenen Zeitraum wieder in die Gesellschaft zurückkehren zu können. Frau Decker stellte heraus, was wir alle  während unseres Weges durch das Zentrum bemerkten, dass „Wiesloch“ ein offener Ort sei, dass viele Wieslocher „jenseits der Schranke“ am Eingang oft am Abend hinauf auf die Wilhelmshöhe kämen, um in dem parkähnlichen Ensemble spazieren zu gehen, zu sitzen oder zu lesen. Gemeinsam mit erkrankten Menschen.
So erlebte der Wahlkurs Psychologie eine Realbegegnung mit der Psyche und deren manchmal in die Krankheit führenden Pfaden. (Stefan Kirstätter)

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